Vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen San Marino am 10.Juni konnte Joachim Löw erstmals seinen Perspektivkader für den Confed-Cup 2017 testen. Nach nur einer gemeinsamen Trainingseinheit ging es am Abend des 06. Juni gegen die Nationalmannschaft von Dänemark. Nach einem Abend, der so durchwachsen wie das Wetter war, trennte man sich am Ende mit 1:1 unentschieden. Dabei kamen gleich 5 der 6 erstmals für den Kader nominierten Nationalspieler zu ihrem Debüt.
Die ungewohnte Aufstellung der deutschen Nationalmannschaft gegen Dänemark. Im Kader für die kommenden Spiele sind kaum Stammkräfte. (PATRIK STOLLARZ / AFP)
Deutschland: Trapp – Ginter (65. Younes), Rüdiger, Süle – Hector (87. Plattenhardt), Rudy (60. Can), Goretzka (75. Demirbay), Kimmich – Draxler – Stindl, Wagner (65. Brandt)
Dänemark: Rönnow – Stryger, Christensen (46. Zanka), Vestergaard, Durmisi (66. Sörensen) – Kvist (46. Schöne), Eriksen (65. Lerager), Delaney – Poulsen (76. Vibe), Jörgensen (76. Dolberg), Braithwaite
Das Spiel gegen die Dänen stand von Anfang an unter dem Motto: Jugend Forscht. Der sehr junge Kader Löws hat in dieser Konstellation noch nie zusammen gespielt, knapp ein Dutzend Stammkräfte fehlen weil sie entweder verletzt sind oder geschont werden. So war es dann auch nicht überraschend, dass es das ein oder andere Mal an Spielfluss mangelte. Zudem änderte Löw auch noch sein Spielsystem und ließ die Mannschaft überraschend in einem 3-4-1-2 auflaufen. Das sorgte für eine relativ solide Abwehrleistung, mit einigen Aussetzern vor allem von Antonio Rüdiger. Der Vordermannschaft um Kapitän Julian Draxler gelang es einige Male schöne Spielzüge zu starten, Sandro Wagner und Lars Stindl im Sturm bekamen oft jedoch nicht den letzten entscheidenden Pass und blieben so über weite Strecken harmlos.
Die beiden Tore des Spiels resultierten jeweils aus Abwehrfehlern. Nach einem schlechten Pass von Matthias Ginter auf Antonio Rüdiger misslang diesem die Kopfballablage völlig und brachte Dänemarks Eriksson direkt am 16-Meter Raum in gute Schussposition. Der Premier League Profi ließ sich nicht zweimal bitten und verwandelte promt und für Kevin Trapp im Tor unhalbar zum 1:0 nach nur 15 Minuten. Der späte Ausgleich der deutschen Mannschaft in der 88.Minute war dann gleichzeitig auch der Höhepunkt des deutschen Spiels. Nach einem Abwehrfehler der Dänen prallte der Ball von Lars Stindl vor die Füße von Joshua Kimmich. Der Bayernspieler war gedankenschneller als sein dänischer Gegenüber und verwandelte aus gut 8 Metern spektakulär per Fallrückzieher.
Joshua Kimmich konnte in der 88. Minute noch spät ausgleichen. Dabei gelang ihm ein Traumtor per Fallrückzieher. (PATRIK STOLLARZ / AFP)
Gleich 6 Spieler absolvierten ihr erstes Spiel für die deutsche Nationalmannschaft gegen Dänemark. Dabei fiel keiner von ihnen äußerst negativ auf. Einige, wie zum Beispiel Torhüter Kevin Trapp, konnten sogar eine starke Empfehlung für die Zukunft hinterlassen. Wir werfen einen Blick auf die Debütanten und ihre Leistung.
Das Perspektivteam bei der Arbeit. Abschlusstraining in Kopenhagen bei der deutschen Nationalmannschaft. Photo: AFP.
Der Schlussmann von Paris-Saint-Germain ließ keine Zweifel daran, dass man bei der Nationalmannschaft auch ohne Manuel Neuer weltklasse Torhüter zur verfügung hat. Neben ihm stehen ja schließlich auch noch Marc-André ter Stegen und Bernd Leno im Aufgebot Löws. Trapp kam beim Spiel gegen Dänemark nach mehrmaliger Nominierung schließlich endlich zu seinem Debüt im Trikot der Nationalmannschaft und konnte sich auch gleich auszeichnen. Ohne einen Keeper von seinem Format hätte es auch schnell 3:0 für Dänemark stehen können.
Der Hoffenheimer Demirbay kam erst spät für Leon Goretzka, den wohl besten deutschen auf dem Platz, ins Spiel. Er konnte nach den vielen Wechseln in seiner kurzen Einsatzzeit keine Akzente mehr setzen.
Der quirlige Außenspieler von Ajax Amsterdam durfte ab der 65. Minute für Matthias Ginter ran. In Ansätzen zeigte er warum Löw ihn nominiert hatte. Er ist schnell und dribbelstark und sorgt so für viel Bewegung auf der Außenposition. Was Flanken und Torabschlüsse angeht wirkt Amin Younes aber noch recht ungefährlich. Da besteht sicher noch Verbesserungsbedarf.
Der Außenverteidiger der Hertha kam erst in der 87. Minute für den angeschlagenen Hector. Plattenhardt hatte aufgrund seines sehr kurzen Einsatzes keinen Einfluss mehr aufs Spiel und kann somit nicht gerecht bewertet werden.
Stindl spielte größtenteils hinter der einzigen Spitze Sandro Wagner. Im Zusammenspiel mit Draxler und Goretzka konnte er ein ums andere mal zeigen, dass er sich auch ohne viel gemeinsames Training sehr gut mit beiden auf dem Platz versteht. Offensiv blieb er größtenteils Zahnlos und konnte keine große Torgefahr ausstrahlen. Seine Flexibilität im offensiven Mittelfeld oder der Sturmspitze spielen zu können könnte jedoch noch von Vorteil für ihn und seine Einsatzchancen sein.
Wagner versuchte über das ganze Spiel hinweg viel und war sehr engagiert. Anfangs hatte er das Problem, kaum verwertbare Bälle aus dem Mittelfeld zu bekommen und hing somit etwas in der Luft. Gegen Ende der ersten Halbzeit kam er jedoch zu einigen Chancen, konnte diese aber nicht verwerten. Ob Wagner auf längere Sicht ins System von Löw passt ist fraglich. Spieler wie Timo Werner bringen spielerisch einfach mehr qualitäten mit, ein muss für einen modernen Stürmer in Jogi Löws Nationalmannschaft.
Alles in allem kann man sagen, dass sowohl Löws experiment mit dem neuen Kader als auch mit dem neuen System recht ordentlich verlaufen ist. Zwar vermisste man klar die Ruhe und Dominanz in Abwehr und Mittelfeld die ansonsten Spieler wie Boateng, Hummels und Kroos ausstrahlen, konnte jedoch einige wichtige Erkenntnisse gewinnen und verkaufte sich gut. Nach wie vor schaffen es die Bundesligavereine und der DFB sehr interessante, taktisch und technisch gut geschulte junge Spieler auszubilden. Die einigen der Nominierten wird sicher die Zukunft gehören. Das unerfahrene Team steht jedoch vor einer großen Aufgabe: Bis zum Confed-Cup, wo es gegen Teams wie Chile und Kamerun geht, müssen Löw und sein Team noch einige fehlerquellen beseitigen und besser zusammenwachsen. Sonst wird es gegen einige der besten Teams im Weltfussball sicherlich schlechter für den DFB ausgehen als gegen Dänemark.
Dieser Artikel wurde von Naisais geschrieben.